Ortsteil-Spaziergang Baiersdorf

Der Ortsverband von Bündnis90/Die Grünen hatte im Februar alle Interessierten zu Spaziergängen   in den Ortsteilen eingeladen.

Ausgangspunkt für den wieder zahlreich besuchten zweiten Rundgang am Sonntag, den 9.2., war das Baiersdorfer Rathaus.  Hier zeigt sich exemplarisch die Verödung von Baiersdorfs Mitte, denn das städtebauliche Juwel der Altstadt und Wahrzeichen Baiersdorfs, die evangelische Kirche, steht auf einem asphaltierten Parkplatz. Nirgends sonst in der näheren und weiteren Umgebung kann man auf einer mit Hochborden gerahmten Straße mit dem Auto einmal um die schönste Kirche des Ortes fahren.

Die Spaziergänger ließen auch den Rathausplatz auf sich wirken: Um eine hässliche, geflickte Asphaltfläche herum gibt es hier – wie auch in der angrenzenden Hauptstraße – bis auf sehr wenige Ausnahmen keine Geschäfte, Läden und letztlich nur noch ein einziges erfolgreiches Restaurant. Denn während an den Ortsrändern in den letzten Jahrzehnten ohne Maß und Konzept gebaut wurde, ist die Baiersdorfer Innenstadt auf dem Stand der 1960er Jahre stehengeblieben und bietet keinerlei Aufenthaltsqualität, keinen identitätsstiftenden Ort für das Zusammenkommen aller Baiersdorfer – auch aus den Ortsteilen. Die Baiersdorfer Grünen plädieren für eine Entsiegelung des Kirchenplatzes und des daran anschließenden Rathausplatzes, für Begrünung durch Baumpflanzungen, für eine schwellenfreie Pflasterung oder völlig sickeroffene Oberfläche etwa wie am Bohlenplatz in Erlangen.

In der Hauptstraße setzt sich die Misere fort – im wahrsten Sinne des Wortes, weil nach aktuell erfolgter Kanalerneuerung wieder nur eine Fahrbahn für den motorisierten Verkehr sowie hochbordige, viel zu enge Gehwege geplant sind. Das Primat des Autoverkehrs aus dem letzten Jahrhundert wird also für die nächsten 50 Jahre wieder fortgeschrieben. Baiersdorf hat jedoch etwas, das andere Gemeinden sich sehnlichst erhoffen: eine Ortsumgehung. Die Baiersdorfer Grünen plädieren daher für eine Sperrung der Hauptstraße zwischen Rathaus- und Burggrafenplatz für den überörtlichen Durchgangsverkehr, für eine verkehrsberuhigte Zone ohne Schwellen und Hochborde, in der alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind.  Der Baiersdorfer Stadtrat muß hier mutig vorangehen und endlich eine Mitte für alle Bürger schaffen, dann werden sich auch wieder Geschäfte, Läden und Restaurants ansiedeln – etwa ein Café statt der Heizungsfirma an zentraler Stelle.  Als Sahnehäubchen könnte man die Hauptstraße in diesem Bereich in Burggrafengasse umbenennen, denn so spricht die Stadtgestalt hier seit dem Mittelalter zu uns – durch eine spürbare Verengung der Hauptstraße zu einer Gasse.

Die Spaziergänger erreichten dann die Judengasse – in den letzten Jahren mit viel Aufwand saniert.  Doch stehen die sich hier jetzt abwechselnden asphaltierten und gepflasterten Flächen sinnbildlich für ein fehlendes schlüssiges Konzept in der Baiersdorfer Innenstadt. Man kann PKW dabei beobachten, wie sie auf den Asphaltflächen beschleunigen und auf den gepflasterten wieder abbremsen und fragt sich: Warum nicht gleich eine durchgehende Pflasterung und Begrünung mit gleichem Recht für alle Verkehrsteilnehmer?

Viele anderen Städten und Gemeinden arbeiten kontinuierlich an der Erhaltung und Verschönerung ihrer Ortskerne. Auch der Baiersdorfer Stadtrat hat in der Vergangenheit mehrere Planungsbüros mit Konzeptfindungen zur Altstadtentwicklung beauftragt, der Workshop Zukunft Baiersdorf wurde initiiert, doch wo sind bei uns die ganzen Ideen geblieben?  

Das von der Stadt erworbene sogenannte Wagnergelände grenzt an die Judengasse und bietet die einmalige Chance, die Aufenthaltsqualität in Baiersdorfs Innenstadt deutlich zu verbessern. Die Grünen haben dafür viele Vorschläge: eine Freiluftbühne, ein selbstverwaltetes Jugendhaus mit Fahrradwerkstatt und Disco, ein Seniorentreff mit einer Börse für Nachbarschaftshilfen, ein Repair-Café mit Gebrauchtwarenbörse, ein jüdisches Museum mit angrenzendem Park, Spielplatz und Wochenmarkt für regionale Produkte. Der Grünzug sollte als städtebauliches Element fortgesetzt werden bis vor die Kulturscheune und zum Friedhof.

In der Seligmannstraße beklagte Uli Sammet den völlig verwahrlosten Zustand dieser relativ zentralen Straße, der im krassen Gegensatz zur Bauwut an den Ortsrändern steht, bevor die Spaziergänger vom Pacé-Park aus zu einer Besichtigung der mit viel Aufwand und Herzblut sanierten Schmidtschen Kulturscheune eingeladen wurden, was zum Abschluß doch ein wenig Mut machte – für eine Wiederbelebung der Baiersdorfer Innenstadt.

Winfried Platz

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