2. Bürgerwerkstatt ISEK – Kommentar

Am 22.11. fand die 2. Bürgerwerkstatt zum ISEK-Prozess für Baiersdorf statt. Mitglieder unseres Ortsverbandes engagierten sich und brachten unsere Themen und Ideen ein. Zur Veranstaltung in der Sporthalle der Mittelschule waren weit über hundert Interessierte gekommen, darunter viele Stadträte.

Wie um allzu viel bürgerschaftlichen Mitwirkungshoffnungen rechtzeitig vorzubeugen, stellte Bürgermeister Galster schon vorneweg klar,  dass sich die Meinungen vieler Anwesender im endgültigen Ergebnis des Prozesses wohl nicht wiederfinden werden, da “am Ende der Stadtrat entscheidet”.Daran anknüpfend ist stark zu hoffen, dass die anwesenden Stadträte die Anregungen aus der Bevölkerung in künftige Entscheidungen einfließen lassen.

Nach Erklärungen zum Verfahren durch die Herren Fladt und Berg teilte man sich je nach Interesse in Gruppen zu sechs Themenfeldern auf. Bei der ersten Bürgerwerkstatt noch überhaupt nicht vorgesehen und von uns deshalb vehement eingefordert war diesmal das neue Themenfeld Nummer 6 dabei -Ökologie-, wenn auch etwas versteckt neben der Zuschauertribüne.

Mitglieder unseres Ortsverbandes engagierten sich in der Diskussionsphase vielseitig und zahlreich bei den Themen Mobilität, Energie, Ökologie, Zentrum, Stadtentwicklung und Teilhabe. Doch letztlich verblieben aufgrund eines zu straffen Zeitplanes nur noch gut 20 Minuten Zeit für Diskussionen.

In der Themengruppe Stadtentwicklung erklärte Herr Fladt zunächst, warum zwei weitere große Flächen in die vorliegenden Pläne aufgenommen worden seien: aufgrund des “Bauwunsches” der Grundeigentümer. Aus der Gruppe kam der Einwand, genau das habe er in seinem Vorwort doch ausschließen wollen, nämlich dass ohne Gesamtkonzept je nach “Wunsch” des Grundbesitzers, Bauflächen entwickelt würden. Doch der Hintergrund ist, dass auf Betreiben des Bürgermeisters eine riesige Baufläche zwischen Hut und Igelsdorf nachträglich noch in den ISEK-Prozess aufgenommen werden musste – mit dem Ziel, Baurecht für einen Bauträger zu schaffen, der hier 150 Wohnungen bauen will. Obschon die Mehrheit der Gruppe Stadtentwicklung das klar ablehnte, war damit die Konfliktlinie in dieser Themengruppe skizziert, an der sich zwei kontroverse Lager gegenüberstanden und deshalb ihre jeweiligen Forderungen und Ideen lediglich schriftlich niederlegten in Form größerer Klebezettel auf einem Poster, wie das in allen Arbeitsgruppen vorgesehen war. Einige wenige wollten die veraltete Wachstumspolitik fortsetzen und vertraten den Standpunkt, die Ortsteile müssten früher oder später zusammenwachsen, schon um zu beweisen, dass “wir alle Baiersdorfer sind”. Doch die meisten anderen Mitwirkenden hielten dagegen, Qualität müsse vor Quantität gehen und neue Ideen wie Mehrgenerationenwohnen oder neue Herausforderungen wie Klima-, Natur- und Hochwasserschutz müssten künftig mit einfließen. Aus der Lage auf der Leeseite von BAB 73 und ICE-Trasse ergebe sich bei 80% Westwindlagen zudem gerade für die östlichen Ortsteile eine erhöhte Belastung durch Lärm, Feinstaub und Abgasen. Um die Menschen davor zu schützen, müsse man bei weiterer Bebauung die zwischen den Ortsteilen vorhandenen Grünkorridore erhalten. Unter vielem anderen plädierten wir auch für ein modernes städtebauliches Konzept, das neue, flächenschonende Formen des Bauens und Wohnens und aktuelle soziale Entwicklungen berücksichtigt. In der Themengruppe Stadtentwicklung herrschte Einigkeit bei der Idee, die Industriestraße zusammen mit der Gemeinde Poxdorf mit nordöstlich davon gelegenen Gewerbeflächen bis zur BAB-Auffahrt Baiersdorf Nord weiterzuentwickeln.

Auch in anderen Arbeitsgruppen brachten wir viele “grüne” Themen und Ideen ein, wie beispielsweise ein umfassendes Radwegekonzept, ein 365-Euro-Ticket für den ÖPNV, Windräder im westlichen Baiersdorfer Forst, Selbstversorgergärten in den Grünkorridoren oder genossenschaftliche Bürgeranlagen zur Strom- oder Wärmeerzeugung. Sowie den Ausbau von PV-Anlagen auf freien Dachflächen.

Vor dem viel zu frühen Ende der Veranstaltung fassten ein oder zwei Mitwirkende der jeweiligen Arbeitsgruppe die Ergebnisse für alle Anwesenden zusammen und fanden damit freundlichen Applaus.

Dabei legte sich eine fast ein bisschen feierliche Stimmung über die nüchterne Halle und man gewann den Eindruck einer Bürgerschaft, die sich ernsthaft und engagiert um die Zukunft Ihres Heimatortes bemüht.

Winfried Platz

3 Kommentare

  1. Ulrich Gröschel

    Ich war auch dabei und will zwei Punkte herausgreifen:

    1. So wichtig die Anliegen der jungen Generation auch sind, rechtfertigt das nicht, die Senioren total zu ignorieren (z.B. Gehweg-Absenkung und -Breite, Anpassung der Ampelphasen; s. Punkt 2.). Sie kamen im Exposé der Planungsfirma schlicht nicht vor. Versehen oder Absicht?

    2. zur Arbeitsgruppe “Verkehr”: Auf einem vom Planungsbüro vorbereiteten Poster stand (sinngemäß): “Die Ampelschaltung auf der Jahnbrücke muss autofreundlicher gestaltet werden”. Herr Fladt, von mir darauf angesprochen, konnte (oder wollte) mir nicht erklären, wie diese kontraproduktive Forderung auf das Poster kommen konnte.
    Meine Vermutung: Das wurde dem Planungsbüro von den verantwortlichen Auftraggebern der Stadt Baiersdorf vorgegeben, die diese Kreuzung wahrscheinlich nie zu Fuß, mit Kinderwagen, Rollstuhl oder per Fahrrad überqueren. Die Wartezeiten für die nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer sind nämlich skandalös lang, die Grünphasen dafür extrem kurz (habe ich heute erst erlebt)*.
    In meiner Zeit als Stadtrat habe ich diese Tatsache bereits vor Jahren bemängelt und vorgeschlagen, eine simultane Grünphase für alle nicht motorisierten Passanten einzurichten, so dass sie die Kreuzung alle gleichzeitig, auch diagonal, überqueren könnten (sowas gibt’s anderswo). Das würde die großzügigen Ampelphasen für die Autos nämlich nicht verkürzen. Trotzdem antworteten die Verkehrsplaner: Eine Umstellung der Ampelphasen wäre zu teuer. Eine typische Politiker-Ausrede, um nicht zugeben zu müssen, dass sie eine Änderung nicht wollen.

    * beim durchaus flotten Überqueren mit einem Rollstuhl schaltete die Ampel schon in der Straßenmitte auf Rot. Wie sollen das Kinder, Eltern mit Kinderwagen, gehbehinderte Senioren oder Rollstuhlfahrer schaffen?

    Ulrich Gröschel

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  2. U. Gröschel

    Ich hatte vor ein paar Tagen hier einen Kommentar eingetippt, der auch kurz zu sehen war, seitdem aber verschwunden ist.
    Was habe ich falsch gemacht?

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